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Tja, was soll ich sagen. Eigentlich ist die Idee des Chilizüchtens bei mir auf dem klassischen Weg in die Synapsen vorgedrungen. Ein gemütlicher Winterabend vor dem PC, zwei Tassen Bier, einen guten Freund auf dem gleichen Skill-Level und im Browser den guten alten http://www.youtube.com am Start.
Jetzt noch schnell irgendwelchen sinnlosen Kram in das Suchfenster eingeben und schon ist die Idee perfekt. "Bhut Jolokia" war unser Suchwort. Die schärfste Chili der Welt! Mit 1.000.000 Scoville lässt sie Peperoni links liegen und zieht gähnend an Tabascosouce und Jalapeno vorbei und bleibt kurz vorm Pfefferspray liegen.
Die Nachfolgende Erfahrungen basieren nicht unbedingt auf den "Best-Practice". Es ist viel mehr mein persönlicher, geiziger Versuch. Da meine Erfahrungen sich im Rahmen halten, werde ich eine Art Tagebuch daraus machen.
Chilis steht für die Gattung Paprika. Schärfere Sorten der Paprika werde in allgemeinen als Chili bezeichnet. Chilis mögen es gerne warm und lieben viel Sonne. Sie benötigen teils sehr lange bis zur Reife und sollten entsprechend früh ausgesät werden:
Steckbrief
Aussaat: | Mitte Januar bis Ende Februar |
Licht: | ca. 12 Stunden am Tag (künstlich ca. 6500 Kelvin) |
Temperatur: | Anfangs 25 Grad Celsius, später ca. 20 Grad |
Boden: | leicht feucht halten - keine Staunässe! |
Dünger: | Finger weg! Das überlassen wir den Profis. Da kann man viel kaputt machen. |
Ich dokumentiere hier die Dinge, die ich für richtig halte. Ich habe mich vorher im Internet schlau gelesen und versuche die Ratschläge der anderen zu befolgen. Wie so oft, gehen die Empfehlungen vieler sehr stark auseinander. Ich bin kein professioneller Chili-Züchter und mache das noch nicht sehr lange. Ich werde deshalb mit Sicherheit Fehler machen. Auch diese werde ich dokumentieren und in einer kleinen Liste übersichtlich zusammenfassen.
Chili-Samen (22 Sorten a 10 Samen bei ebay) | 10 EUR |
100 Kokos Quelltabletten | 6 EUR |
2 kleine Plastikgewächshäuser mit jeweils 36 Plastiktöpfchen | 12 EUR |
5 Liter destilliertes Wasser | 2 EUR |
1 Neonröhre inkl. Feuchtraumfassung 6500 Kelvin | 8 EUR |
Eine Zeitschaltuhr | 5 EUR |
1 Aquarium 50 Liter, komplett (optional) | 43 EUR |
Heizkabel für Terrarium 25-28 Grad, 5m, 25W (bei ebay) | 12 EUR |
Sand | 2 EUR |
Summe: | 100 EUR |
Ich werde die Chilis in einem Aquarium keimen lassen. Das Aquarium habe ich gewählt, da es alle Eigenschaften eines Gewächshaus hat. Es bietet künstliches Licht, ist Lichtdurchlässig und den Boden kann man zusätzlich beheizen beheizen. Außerdem bin ich leidenschaftlicher Aquarianer und benötige es später als Aufzuchtbecken
Nachdem sich die Keimblätter sehen lassen, werde ich die Chili-Pflanzen aus dem Aquarium nehmen und bei Zimmertemperatur unter einer Leuchtstoffröhre weiter wachsen lassen. Anschließend werden diese pikiert und abgehärtet. Doch nun zu meiner Einkaufsliste. Die meisten Dinge habe ich bei Praktiker bekommen. Das Aquarium habe ich in einer regionalen Zoohandlung gekauft. Das Heizkabel und die Chili-Samen stammen von ebay:
Ich habe endlich alle Materialien zusammen. Es wird Zeit, dass die Chili-Samen in die Erde kommen.
Als erstes stelle ich das Aquarium an einen Ort meiner Wahl. Da es künstlich beleuchtet ist, spielt der Standort keine große Rolle. In das Aquarium kippe ich ca. 1 cm Sand. In diesen Sand lege ich die Heizkabel im zick-zack und bedecke diese wieder mit 1 cm Sand. Der Sand soll die Wärme der Heizkabel aufnehmen, speichern und gleichmäßig verteilen.
Dann nehme ich mir eine Schüssel, fülle diese mit destilliertem Wasser auf und lasse die Kokos Quelltabeletten darin aufgehen. Es ist echt faszinierend, wie schnell diese ein vielfaches ihres Volumens erreichen. Nach ca. 5 Min. nehme ich diese aus dem Wasser und gebe die Quelltabletten in die Anzuchttöpfchen. Ich nehme destilliertes Wasser, da Leitungswasser oft zu stark gechlort ist. Destilliertes Wasser enthält keine Schadstoffe und keinen Kalk, welcher das Wasser unnötig hart macht.
Die Meinungen gehen hier stark auseinander. Viele raten von Torf-Quelltabletten ab, andere empfehlen Anzuchterde und mischen dieser Sand bei. Wichtig ist, dass die Erde möglichst Keimfrei ist. Anzuchterde muss auf jeden Fall im Backofen bei 200 Grad ca. 30 Min. backen. Danach sind alle Bakterien abgetötet. Zu Kokos-Quelltabletten konnte ich nur wenige Meinungen finden. Oftmals konnte man diese aber auch in Chili-Shops kaufen. Da meine Entscheidung frauenkompatibel sein muss, entscheide ich mich dieses Jahr für die Kokos-Quelltabletten. Diese machen wenig Dreck. Den Ofen durfte ich leider nicht für Anzuchterde missbrauchen
In jedes Töpfchen drücke ich jetzt drei Löcher. Jedes Loch ist ca. 1 cm tief. Als Werkzeug dient mir ein abgebrochener Bleistift. Auf einen vorhergehenden Keimtest verzichte ich bewusst. Dann lege ich die Chili-Samen mit einer Pinzette in die Löcher. In jedes Loch kommt ein Samen.
Bitte benutzt unbedingt eine Pinzette. Zum einen ist das Fett an den Fingern nicht so gut für die Samen und zum anderen brennt es tierisch in den Augen, wenn man sich diese zwischendurch reiben muss. Die Löcher werden anschließend verschlossen und die Erde leicht angedrückt. Man kann die Samen auch vorher noch in einem Salzbad einweichen. Dies soll evtl. Pilzerkrankungen vorbeugen.
Da ich jedoch 22 Sorten a 10 Samen habe und den Überblick verlieren würde, verzichte ich dankend darauf. Die ganze Aktion hat mich jetzt 3 (in Zahlen: 3) Stunden gedauert. Bin ich froh dass ich vorerst fertig bin!
Die eingepflanzten Chilis kommen jetzt in mein Aquarium. In dem Aquarium sind genau 25 Grad. Das geschlossene Aquarium beschlägt sehr schnell. Hin und wieder mache ich die Klappe auf und belüfte die Chilis. Bei zu hoher Feuchtigkeit kann die Erde schnell anfangen zu schimmeln. Das würde die Chilis vernichten. Das Licht lasse ich die ersten fünf Tage aus. Warum Licht an, wenn sich eh keiner an der Erdoberfläche sehen lässt? Die Erde halte ich leicht feucht. Da die Quelltabletten aber vom Einweichen genug Wasser gespeichert haben, musste ich die ersten Tage nichts nachgeben.
Damit die Feuchtigkeit abziehen kann, klemme ich schließlich doch einen Kugelschreiber zwischen den Klappdeckel. Jetzt habe ich eine permanente Belüftung und die Feuchtigkeit kann entweichen. Die Temperatur bleibt entgegen meinen Erwartungen erstaunlich stabil.
Juchuu! Ein erster Erfolg ist zu melden. Eine Chili-Pflanze drückt sich an die Oberfläche! Es ist eine Lemon Drop. Die Lemon Drop wird im ersten Jahr zwischen 1,50m und 2m groß. Sie trägt bis zu 100 Früchte und schmeckt leicht nach Zitrone. Ab jetzt schalte ich die Beleuchtung im Aquarium für 14 Stunden pro Tag ein. Eine Zeitschaltuhr übernimmt diese monotone Aufgabe für mich. Ab jetzt stehe ich beinahe stündlich vor meinen Chilis.
Die Erde habe ich immer noch nicht gegossen. Die Quelltabletten sind noch feucht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die Quelltabletten vorher etwas hätte trocknen sollen. Egal - überschüssiges Wasser kann ja durch den Boden ablaufen.
Den Chili-Pflanzen scheint mein Aquarium zu gefallen. Die Temperatur finden Sie scheinbar angenehm. Ab jetzt kann man fast im Minutentakt neue Keimlinge erkennen. Zu meiner Überraschung muss ich feststellen, dass die Keimrate viel höher liegt, als ich erwartet hatte. Ich mache mir jetzt ernsthaft darüber Gedanken, wo ich denn 100 Chilis unterbringen soll. Wenn diese wirklich alle so 1m bis 2m groß werden, dann habe ich echt ein Problem. Ich lege meine Hoffnung in meine Fehler und denke, dass schon bald ein paar von Ihnen das Zeitliche segnen werden. Es klingt makaber, aber was soll ich mit so vielen Chilis machen? Schauen wir mal, wie es weiter geht...
Da haben wir den Salat. Die ersten Probleme:
Symptome
Habe ich in einem Topf drei Samen, dann gehen auch alle drei Pflanzen ein. Ich tippe auf die Erde. Evtl. hatten einige Töpfe doch Staunässe und die Wurzeln fingen an zu schimmeln. Dennoch versuche ich mich nicht auf meine Schätzung zu verlassen. Es wird eine Google-Session fällig. Was ist es, was meine Pflanzen vernichtet? Hört das auch wieder auf oder geht das jetzt so weiter? Ist das normal?
Diagnose
Analyse
Fehler Nummer 1: Durch meine Google-Session habe ich erfahren, dass Chilis eine Farbtemperatur von ca. 6500 Kelvin mögen. Laut Liste scheint diese Zahl so ungefähr der Mittagssonne zu entsprechen und enthält einen größeren Blauanteil. Meine Glo Sun-Glo hat eine Farbtemperatur von 4200 Kelvin und enthält mehr Rotanteile im Licht. Das ist definitiv
Fehler Nummer 2: Darüber hinaus nimmt die Lichtstärke der Leuchtstoffröhre mit zunehmender Entfernung sehr stark ab. Meine Röhre hängt ca. 30cm über den Keimlingen. Laut anderen Empfehlungen sollte man die Röhre aber ca. 5cm vom Boden entfernt positionieren. Das ist
Woher weiß ich aber, welche Röhre 6500 Kelvin hat? Die Lösung ist nicht weiter schwer. Die meisten Hersteller geben die Farbtemperatur in Form eines Schlüssels (765, 865, etc.) an. Die erste Zahl (7 oder 8) steht für den Farbwiedergabeindex. Die beiden letzten Zahlen stehen für die Kelvin (65 = 6500 Kelvin). Einige schreiben auch direkt die Kelvin Zahl auf die Verpackung. Auf Angaben, wie "Tageslicht", "Daylight", "Cold blue", etc. darf man sich aber nicht verlassen.
Da ich so schnell keine andere Leuchtstoffröhre bekommen habe und die Leuchtstoffröhre im Aquarium nicht absenken kann, musste ich mir was anderes überlegen. Wenn die Röhre nicht zu den Pflanzen kommt, dann müssen die Pflanzen halt zur Röhre kommen! Ich habe die Pflanzen also so hoch, wie möglich an die Röhre herangebracht. Nun muss ich möglichst bald das richtige Licht kaufen, bevor mir alle Keimlinge verrecken.
Behandlung
Ab in den Baumarkt! Das Ziel: Eine Leuchtstoffröhre mit 6500 Kelvin. Natürlich finde ich in den Regalen alle möglichen Röhren, nur nicht die richtige. Enttäuscht wollte ich den Laden verlassen, da springt mir ein Angebot ins Auge "36 Watt Neonröhre mit Feuchtraumhalterung und Leuchtmittel (56cm) - 9,99 EUR". Die Kelvin standen freundlicher Weise auf der Packung. Die Leuchtstoffröhre trägt die Prägung 765. Die habe ich mir gleich mitgenommen. Irgendwie gab es an der Kasse dann noch 20% auf alles. Nein, eine Kundenkarte habe ich nicht.
Die Änderung des Versuchsaufbaus hat mich ein Stück weitergebracht. Leider habe ich keine weitere Fotos gemacht. Als ich aber leichtsinniger Weise die Chillis bei 30 Grad in die pralle Sonne gestellt habe, trennte sich schnell die Spreu vom Weizen. Der größte Teil ist vertrocknet, verbrannt und abgestorben.
Nächstes Jahr wage ich einen neuen Versuch. Der Winter war ja auch hart
Im gegensatz zum Chefkoch habe ich ein paar Chili-Samen einfach in mit Blumenerde gefüllte Töpfchen gesteckt und in einem Zimmergewächshaus (Plastikbox mit durchsichtigem Deckel) keimen lassen, was teilweise mehrere Wochen gedauert hat. Das war irgendwann im Februear/März. Als die Pflänzchen etwas größer waren habe ich sie in unseren verglasten Vorraum gestellt (Wintergarten wäre zu übertrieben). Ab und zu mit normalem Blumenflüssigdünger gedüngt bringt gutes Wachstum.
Das (noch unreife) Resultat ist zur Zeit (21. Juli) dies:
Ich habe die Samen von jemandem bekommen, ich weiß nicht um welche Sorte es sich handelt. Bin gespannt wie scharf sie sind.
Update 10.08.2010:
Sie sind nicht sonderlich scharf, zumindest nicht in grünem Zustand. Ich habe mir eine komplette Schote in zwei Hälfen aufs Käsebrötchen gelegt. Würzig schon, aber der "siedendes-Öl-im-Mund"-Effekt blieb aus.
Langsam reifen die ersten Schoten, demnächst probiere ich eine rote.